Eigene Texte korrigieren in 10 Schritten

Eigene Fehler sehen wir erst, wenn wir zeitlich und gedanklich Abstand vom Text genommen haben. Stecken wir noch zu tief drin, überlistet unser Gehirn das Auge. Wir lesen oberflächlich, was auf dem Papier steht. Den Rest ergänzt unser Gedächtnis.

Diese Rechtschreibkorrektur unseres Kopfs ist der Grund, warum das Vier-Augen-Prinzip beim Korrekturlesen so wichtig ist. Wer professionell mit Text arbeitet, hat dafür Routinen: Verlage, Redaktionen und Unternehmen beispielsweise.

Sachbuch, wissenschaftliche Arbeit, Roman

Im Alltag fehlt uns oft die Zeit, um eigene Texte prüfen zu lassen. Für diese Situationen habe ich eine kleine SOS-Anleitung zusammengestellt, wie Sie selbst korrigieren. Sie lässt sich auf jede Art von Text anwenden: Sachbuch, wissenschaftliche Arbeit, aber auch Roman.

Diese Tipps sind absolut für den Notfall gedacht! Planen Sie ein professionelles Korrektorat ein und nutzen Sie die folgende Anleitung trotzdem, um Ihren Text für diesen Schritt vorzubereiten.

1. Text inhaltlich abschließen

Den Anfang macht der wichtigste Tipp: Zum Korrekturlesen muss der Text inhaltlich final stehen. Sie wollen nichts mehr neu sagen. Jetzt geht es darum, Buchstabendreher, Kommafehler etc. zu entfernen. Alles andere passiert früher.

2. Rechtschreibprüfung einschalten

Die automatische Rechtschreibprüfung findet längst nicht alle Fehler und unterkringelt manchmal auch Richtiges. Deshalb hatte ich sie während des Studiums oft ausgeschaltet. Ich dachte mir, blöde Maschine, das sehe ich doch alles selbst … fahrlässig.

3. Auf Abstand achten in Zeit, Raum und Gedanken …

Sie dürfen jetzt dem Impuls folgen, den Sie wahrscheinlich schon während des Schreibens hatten: Aufspringen und sich mit was anderem beschäftigen. Ideal wäre, den Text mindestens einen Tag lang liegen zu lassen.

Das ist unrealistisch. Aber egal wie kurz die Pause ist, sie ist jetzt wichtig. Mir helfen Aktivitäten, die Sauerstoff in den Körper bringen. Wenn für Sport keine Zeit ist, ist auch schon ein Spaziergang gut.

Viele Autorinnen und Autoren wechseln zum Korrekturlesen ihre Umgebung. Sie gehen ins Café, suchen sich einen Platz im Freien, manche wechseln an den Schreibtisch der Kollegin, die gerade im Homeoffice ist.

4. … und auf Abstände im Text selbst

Für unsere Augen ist das Korrekturlesen deutlich angenehmer, wenn der Zeilenabstand mindestens 1,5 Punkt beträgt. Verlage möchten Manuskripte gern auf einer Normseite (1800 Zeichen mit Leerzeichen) haben oder mit doppeltem Zeilenabstand.

Auch wissenschaftliche Manuskripte müssen spätestens ab der ersten Hausarbeit mit großzügigem Zeilenabstand und Seitenrand abgegeben werden. Das sind nützliche Hilfen auch für Ihre eigenen Korrekturrunden.

5. Großgedrucktes und Bildunterschriften wirklich ganz besonders sorgfältig prüfen

Dieser Tipp ist so wichtig, dass ich ihn als Warnung formuliere. Widerstehen Sie unbedingt der Versuchung, Überschriften nur noch zu überfliegen und nicht mehr richtig zu prüfen. Sie mögen denken, ach, was soll hier schon passiert sein, steht ja so groß da …

Deshalb gibt es immer wieder Fehler in Überschriften. Am besten gehen Sie bei der Textkorrektur vom Großen ins Kleine vor: Erst die Überschriften, dann den Text. Auch Bildunterschriften und Tabellen sollten am Ende gründlich geprüft werden.

6. Eigenes Fehler-Wiki aufsetzen

Mir fällt auf, dass Fehler sich beim gleichen Autor gern wiederholen. Ein Klassiker aus meinem Lektorat ist die Bundesrepubilk, weil die letzten drei Buchstaben auf der Tastatur benachbart sind. Das suche ich dann systematisch.

Sie wissen, welche Buchstabendreher Ihnen häufig passieren? Sammeln Sie Ihre Lieblingsfehler in einem eigenen Wiki. Darauf achten Sie dann künftig schon beim Schreiben.

7. Mehrere Korrekturdurchgänge mit unterschiedlichem Fokus

Wir sind schnell überfordert, wenn wir alle Fehler auf einmal sehen sollen. Deshalb empfehle ich, für verschiedene Fehlerarten eigene Durchgänge einzuplanen: Zeichensetzung und Rechtschreibung getrennt prüfen beispielsweise.

8. Text ausdrucken

Unsere Lesegewohnheiten haben sich dem Bildschirm angepasst. Dennoch lohnt es sich, das Medium zu wechseln. Das mag nicht für alle gelten, aber sich vor ein Blatt Papier zu setzen, ist eine eingeübte Arbeitstechnik, mit der wir konzentrierter lesen.

9. Nichtwissen berücksichtigen

Sie müssen nicht alle Rechtschreibregeln auswendig kennen. Wenn Sie grob wissen, was Sie nicht wissen, decken Sie viele Fehler auf. Angenommen, Ihnen ist bewusst, dass Sie sich mit Groß- und Kleinschreibung nicht gut auskennen. Dann wissen Sie aber, dass Sie lieber öfter nachschauen.

10. Einheitliche Hervorhebungen

Wenn Sie im Text mit Fettungen gearbeitet oder etwa alle Zitate kursiviert haben, ist jetzt der Zeitpunkt, auf Einheitlichkeit zu prüfen.

Die zehn Schritte erfordern viel Konzentration, reduzieren aber die Fehler in Ihrem Text sicher schon erheblich!